Montag, 17. Oktober 2016

Astrologie. Psychologie. Mythologie - Teil Eins


Nun da der Abend unser Aug´ umflort,
Betracht´ ich zukunftssüchtig die Gestirne,
Durch die uns Gott in Lettern, wohl zu deuten,
Der Kreaturen Los und Schicksal kündet.
Denn der aus Himmelshöhn die Menschen schaut,
Weißt ihm aus Mitleid oft den rechten Pfad
In seiner Sterne Schrift am Firmament.
Doch wir im Staube haftend, sündenschwer,
Verachten solche Schrift und sehn sie nicht
.
William Shakespeare

Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen,
Nach dem Gesetz wonach du angetreten.
So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
So sagten schon Sibyllen, so Propheten;
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt
.
Johann Wolfgang Goethe

Esoterik bedeutet etwas mehr dahinter, als es dem äußeren Anschein entspricht. [1] Mit der einige Jahrtausende alten Astrologie hat sich die Menschheit ein mächtiges Instrument auf ihrem Entwicklungsweg geschaffen, das Mikro- und Nakrokosmos miteinander verbindet. Die Astrologie entstand, nachweisbar vor 5000 Jahren im Zweistromland, als eine Weltanschauung vom harmonischen Zusammenwirken von Himmel, Erde und Mensch, verbunden in einer Mythologie und Astrologie gemeinsamen Ordnung. Gemäß der astrologischen Theorie ist der Mensch solcherart in kosmische Prozesse integriert, dass er sich durch die symbolische Klassifikation der Planeten und Tierkreiszeichen ein Bilderbuch der menschlichen Seele (W. Knappich) geschaffen hat, Archetypen (C.G. Jung) oder Wesenkräfte (Th. Ring) als dynamische Ur-Prinzipien. Auf diese Weise korreliert seine innerpsychische Befindlichkeit mit den Funktionen und Prinzipien des Kosmos, entsteht in seinem Leben Sinn und Zusammenhang. In einem Sendschreiben an den Ägypter Ammon formuliert Hermes Trismegistos die Grundvoraussetzung jeder Astrologie: Die Menschen, mein lieber Ammon, werden eine kleine Welt genannt, da sie mit der Natur der Welt verbunden sind. Bei der Empfängnis durchfährt den Menschen eine Ansammlung von Strahlen der sieben Planeten und in der Stunde der Geburt Strahlen entsprechend der Stellung der Tierkreiszeichen. [2] Der Mikrokosmos ist die kleine Welt der Menschen, der Makrokosmos die große Welt, das Universum. [3] Der Philosoph Ernst Cassirer würdigte die Geschlossenheit des astrologischen Weltbildes als den großartigsten Versuch einer systematisch-konstruktiven Weltbetrachtung, der je vom menschlichen Geist gewagt wurde. [4] Manche bezeichnen die Astrologie deshalb wohl auch als den Königsweg der Esoterik.

In seinem Vortrag auf dem Astrologie-Weltkongress in Luzern (im Juni 2000) sprach Richard Tarnas von der tiefen spirituellen Krise des modernen Menschen und seinem noch zögernden, spirituellen Erwachen sowie einer neuen geistig- visionären Kultur. Nachdem die zunehmend raumgreifende Naturwissenschaft zuerst die die Erde umgebenden zehn Sphären des Aristoteles zerschlagen hatte, die Philosophie schließlich erklärte Gott sei tot (F. Nietzsche) und der erste Mensch im All Gott als alten Mann mit weißem Bart nicht finden konnte (J. Gagarin), fand sich der Mensch aus allen tragenden Zusammenhängen herausgelöst, in der Unendlichkeit eines für ihn ungreifbaren und kaum strukturierbaren Universums wieder. In einem derartig entzauberten Raum finden Seele und Bewusstsein keinen Platz mehr; Subjekt (intrapsychisch) und Objekt (interpersonell) scheinen unversöhnlich gespalten. Inneres (der Mensch mit seinen Gefühlen und Gedanken) tritt mit Äußerem (die Welt der Gegenstände) nur noch als Gegensatz in Beziehung. Die Astrologie, so Tarnas in seinem oben erwähnten Vortrag, kann diese Spaltung als Bindeglied überwinden, weil sie seit jeher die kosmische Sinnhaftigkeit mit dem irdischen Sein verbindet. Sie wird deshalb einen wachsenden Stellenwert in unserer Gesellschaft einnehmen: den Platz, den sie verdient. [5] Pointiert, sich jeder ideologischen Wertung enthaltend, äußert sich C.G. Jung, und zwar mit Blick auf das I Ging, über die ausschließende Haltung, die die Naturwissenschaft der Astrologie gegenüber einnimmt:

Wem es nicht gefällt, der muss es ja nicht gebrauchen, und wer dagegen ist, muss es nicht für wahr halten. Es soll für die in die Welt gehen, welche damit etwas anzufangen wissen. [6]

Vor diesem Hintergrund macht die Frage neugierig, was es denn nun mit der Astrologie auf sich hat, die sich in Europa und den USA seit einigen Jahrzehnten auf ihre Rolle als psychologische Diagnostik und erneut ernstzunehmende geisteswissenschaftliche Disziplin vorbereitet. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang, dass der Nutzen einer seriösen Astrologie dem Schaden der auf Boulevardniveau herabgesunkenen Vulgärastrologie proportional ist.

In den Anfängen der Astrologie, in der sumerisch-babylonischen Kultur, waren die Astrologen Mesopotamiens dazu übergegangen, ihre an den Gestirnen entwickelten symbolischen Kategorien mit den Protagonisten ihrer Mythologie gleichzusetzen. [7] Die Etablierung der Astrologie als Wissenschaft fand in Babylon statt, als der Frühlingsaufgangspunkt das Tierkreiszeichen Stier durchlief. Alle orientalischen Mittelmeerkulturen (Sumer, Babylon und Ägypte waren in den 2600 Jahren, in denen der Frühlingspunkt durch das Tierkreiszeichen Stier wanderte, von der astrologischen Signatur des Stiers geprägt, die mit den Merkmalen Fruchtbarkeit, Schönheit und Sinnlichkeit korreliert. Funde aus sumerischer Frühzeit belegen, dass Stierkulte mit einer Fruchtbarkeit spendenden Muttergottheit im Vordergrund des religiösen Ergriffenheit standen. [8] Die Ikonographie der frühen Mittelmeerkulturen ist in großen Teilen auf die Symbolik des Stiers bezogen. Auf die Fruchtbarkeit der Erde und der Frau bezogene Stierkulte und Stiermythen entstanden in dieser Zeit in den meisten orientalischen und mediterranen Kulturen. In Gestalt eines Wildstiers, der die Mauer einer eroberten Stadt einreißt, erscheint Narmer auf einer altägyptischen Siegestafel, die Kuhgöttin Hathor trägt die Sonnenscheibe zwischen Stierhörnern und in Memphis entsteht der Kult des dem Ptah heiligen Apisstiers. In der babylonischen Mythologie kämpft der von göttlicher Inspiration durchdrungene Dumuzi, der Sohn-Gemahl der Großen Göttin Innana, als Stiermensch mit den seine Herden angreifenden Löwen, im minoischen Kreta betraten Minotaurus und rituelle Stierkämpfe die Bühne von Mythos und Geschichte. Die in den mediterranen Kulturen als Wissenschaft angesehene Astrologie - von der sich erst mit der beginnenden Neuzeit die moderne Astronomie vollends löste – schuf ein interdependentes System zur sinnhaften Beschreibung der Existenz des Menschen im größeren Rahmen des Universums. Dieses Symbolsystem bezog sich auf eine Koherenz von Gestirnen, mythischen Erzählungen und astrologischen Symbolen und, dem Analogiegesetzt folgend, damit korrespondierenden Alltagserfahrungen. Antworten auf existenziell wichtige Fragen suchte und fand man in der Gleichzeitigkeit kosmischen und irdischen Geschehens, das über Generationen hinweg empirisch beobachtet und ausgewertet wurde.
Ob die Weige der modernen Astrologie im Zweistromland des Euphrat und Tigris stand, wie Peter Niehenke vermutet, bleibt dahingestellt. Jedenfalls stammen die reichhaltigsten und gleichzeitig frühesten astrologischen Quellen, die uns heute über die Praxis der babylonischen Astrologie informieren, aus der Keilschriftbibliothek Assurbanipals (668-626). Die ältesten Schriften dieser Bibliothek reichen in beinahe mythische Zeit, bis in die Epoche von Sargon I. (2850 v.Ch.). Allerdings belegen diese Quellen auch, dass die Zeit intuitiven Wissens damals schon der Vergangenheit angehörte, die Astrologie längst die Grenze zu einer rationalistisch betriebenen Astronomie überschritten hatte; darauf weisen insbesondere die unterschiedlichen Schulen und Lehrmeinungen der babylonischen Spätzeit hin. Und das bedeutet: Mit den wachsenden Verstandeskräften nahm die intuitiv schauende Astrologie zunehmend ab, die sich nicht in abstrakten Begriffen ausdrückte, sondern in Bildern, die lebendig geschaute Wirklichkeit waren:

Von allen Worten, folgert Kurt Aram unvermindert aktuell, verlieren zwar die Namen im Altertum am spätesten ihre Bildkraft und damit ihre Lebendigkeit, aber es wird dem Verstand immer schwerer, sich unter Schamasch, Sin, Ischtar noch Lebendiges vorzustellen wie in der Urzeit, das auf alles Lebendige und damit selbstverständlich auch auf den Menschen wirkt, daß Sin oder Ischtar oder Schamasch nicht nur ein Planet ist, sondern vor allen ein »Befehlsübermittler«, ein »Dolmetsch«. [9]

Die Babylonier haben die Bewegungen der Gestirne als Zeichen und Botschaften ihrer Götter an die Menschen interpretiert. Für die chaldäischen Priester-Astrologen war das göttliche Wissen, für den, der es zu lesen verstand, am gestirnten Himmel kodifiziert, vermittelt von Dolmetschern, die selbst Götter oder Botschafter dieser waren. Die bis heute imponierenden Ziqqurrate waren astrologische Stationen einer systematischen Himmelsbeobachtung. Der Name des siebenstufigen Tempelberges von Borsippa lautete: Tempel der sieben Befehlsübermittler des Himmels und der Erde, ein Name, der sich auf die sieben klassischen Planeten bis Saturn bezieht. Nicht einmal die moderne Wissenschaft bestreitet das Verdienst chaldäischer Astrologen, wichtige astronomische Vorgänge beobachtet, und gültige Schlussfolgerungen gezogen zu haben.

Die ägyptische Astrologie fand ihren Niederschlag in den Bildzeichen der Hieroglyphen, später in den Wandmalereien der Tempel, Gräber und Sarkophage und schließlich wurde sie auf Papyrus aufgezeichnet. Wie für Babylon muss auch hier davon ausgegangen werden, dass die Überlieferungen weitaus älter sind als das Niedergeschriebene selbst, das zuerst als Geheimwissen der Priester in den Tempeln von Mund zu Ohr gelehrt, von Mund zu Mund überliefert wurde. [10] Die frühesten ägyptischen Überlieferungen von astronomisch-astrologischer Relevanz gehen auf Nechepso und Petosiris zurück, beide historisch nicht sicher fassbar. [11] Ihre astrologischen Kenntnisse – unter dem Titel Sternenweisheit schriftlich aufgezeichnet - haben ursprünglich als Lehrgedicht vorgelegen. Die Verse dieses Gedichtes machten das astrologische Wissen über die Anordnung und Umlaufzeiten der Planeten, über Finsternisse, Stellung und Einfluss des Mondes sowie Heilkunde und Heilmittel in Bezug auf kosmische Wirkungen leichter erinnerbar, vermittelbar und tradierbar. Der zentrale Teil dieses Gedichtes, den Suso Vetter in einer Studie analysiert, handelt von der Geburt der Welt:

Nechepso und Petosiris, deren Weisheit an die Geheimnisse selbst der Göttlichkeit heranreichte, [haben] uns auch die Geburt der Welt überliefert, um zu zeigen, daß der Mensch entsprechend der Natur und der Ähnlichkeit des Kosmos gebildet ist. [12]

Die frühen mesopotamischen und ägyptischen Astrologen, wie sie das Neue Testament in der Legende von den heiligen drei Königen zeigt, entwarfen eine an erfahrbaren Phänomenen geeichte Grundlage ihrer Wissenschaft, indem sie die Essenz ihrer astrologischen Erfahrungen und die mythischen Geschichten um ihre Götter in den aufeinanderbezogenen Symbolen eines abstrakten, systematischen Lehrgebäudes zusammenfassten. Auf diese Weise entstanden Versuchsreihen mit vergleichbaren Ergebnissen an deren Ende verlässliche Korrelationen zwischen kosmischen und irdischen Erscheinungen standen. [13] Mit Magie oder mit Aberglauben hatte schon die babylonische Astrologie kaum noch etwas zu tun. Ganz im Gegenteil: Mit ihr eroberte sich erstmals in den antiken Mittelmeerkulturen die Wissenschaft ein weites Feld, und zwar im Sinne Keplers, der die Astrologie dann Jahrhunderte später als ein heilig und gar nicht leichtfertig Ding bezeichnete. Es waren diese altorientalischen Quellen, die im antiken Griechenland Astrologie und Alphabet inspirierten, Traditionen, aus denen sich in Europa Schrift und empirische Wissenschaft entwickelten.

Das astrologische Lehrgebäude hat sich durch Jahrhunderte hindurch bemüht, mythische Inhalte und die damit verbundenen symbolischen Bedeutungen auch außerhalb akademischer Diskussionen zu bewahren und zu überliefern, sodass ihre Relevanz für die Entwicklung des Menschen bis heute lebendig bleiben konnte. In der Astrologie haben nicht nur Hermes, sondern der größte Teil der Götter europäischer Religiosität überlebt. [14] Obwohl diese mythischen Erzählungen auf archaischen Vorstellungen beruhen, steuern die ihnen zugrunde liegenden Überzeugungen noch immer menschliches Verhalten, erzeugen individuelle Orientierungen und bilden ein Allgemeingut westlicher Kulturen. [15]
In der Tradition der klassischen Deutung der Sternenschrift, wie sie in der Omendeutung chaldäisch-babylonischer Astrologen im Dienste der herrschenden Schicht üblich war, und wie sie noch von Shakespeare verstanden wurde, entwickelte sich die moderne Astrologie zu einem komplexen Instrument der Selbstbeobachtung, zu einem Werkzeug persönlicher Entwicklung. Im Verlauf ihrer jahrtausendelangen Geschichte hat sie kontinuierlich ihren Nimbus als Geheimwissen, ihre elitäre Ausrichtung auf Mysterienkult, Tempel, Königtum und Herrschaft aufgegeben: Heute steht der einzelne Mensch, und nicht mehr der König als Repräsentant Gottes auf Erden, im Fokus ihrer Aufmerksamkeit. [16] Der Sterne Schrift am Firmament gilt schon lange nicht mehr als Dolmetscher gottgebenen Schicksals, sondern als symbolisch kodierter Widerschein individuellen, biographischen Potentials des Menschen Eingebundenheit in kosmische Ganzheit im Sinne Olga von Ungern-Sternberg, Thomas Ring und Fritz Riemann. [17] Die inzwischen ganz ernsthafter Wissenschaftlichkeit verpflichtete Astrologie verkündet keine fatalistische Omendeutung im Sinne der vulgären, oberflächlichen Horoskopie einer Boulevardpresse, die im völlig frei spekulierenden Fall über die Themen Liebe, Geld und Gesundheit räsoniert. Die moderne, größtenteils an analytischer Psychologie gewachsene Astrologie verkündet kein unentrinnbares Schicksal, vielmehr offenbart sie individuelle Aufgabe und Lebensplan, verhilft dem Menschen der zu sein, der er werden kann. Sie entschlüsselt und interpretiert den Kodex mit dem der Mensch sein Erdenleben angetreten hat. In der astrologischen Analyse verschmelzen Schicksal (das Empfangene) und Charakter (das Gegebene) des Menschen, wird deutlich, dass beides nur in Bezug auf das Individuum als konkrete Wirklichkeit erlebbar und gestaltbar ist, um persönliches Wachstum zu initiieren. Inzwischen hat die Astrologie ihre Anhänger in allen Kreisen der Bevölkerung - und das weltweit - obwohl die etablierte Wissenschaft noch immer abwertend auf sie herabblickt. Über die Richtigkeitund Nützlichkeit astrologischer Theoreme entscheiden allerdings nicht wissenschaftliche Dogmen und Vorurteile, sondern die Erfahrung des einzelnen mit dieser Disziplin. [18] Das Gnosti auton! - Erkenne dich selbst! - des delphischen Apollon ist weit mehr als die Aufforderung zu grüblerischen Nabelschau. Es ruft den Menschen zur Besinnung auf seine Stellung in Welt und Kosmos auf. Apollon, wie ihn Reinhard Falter versteht, mahnt zur Endlichkeit: preise keinen glücklich, bevor er nicht geendet, ist apollonische Weisheit und Orakelauskunft. [19]
Darüber hinaus verweist das unvoreingenommene Bekenntnis zur Endlichkeit menschlicher Existenz den Menschen auf eine diagnostische Methode, mit der er das Geheimnis seines Seins und seines Lebenslaufes so durchdringen kann, dass er glücklich endet, ihm im Leben Wachstum und Ganzheit zuteil werden. Denn es ist an der Zeit, dass die selbstgemachten Katastrophen dieses Zeitalters nicht weiter Menschen wie Oskar Matzerath hervorbringen, die nicht mehr wachsen wollen. Bei der Aufgabe, sein Leben seinem Sinn gemäß zu leben und zu bewältigen, ist die Astrologie ein apollinischer Begleiter, da sie den biographischen Prozess sichtbar macht, die Notwendigkeit unterstreicht, Änderbares und Unausweichliches zu unterscheiden, um zuletzt mit Plutos Symbolik davon zu künden, dass die Sonne in den Ozean hinabtauchen muss, um sich zu erneuern. [20]

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Anmerkungen

[1] Erörterungen und Definitionen zum Thema Esoterik finden sich in Gerhard Wehr, Esoterisches Christentum. Von der Antike bis zur Gegenwart, Stuttgart, 1975:9-19 sowie Hans-Dieter Leuenberger, Das ist Esoterik. Einführung in esoterisches Denken, Freiburg i.Br., 1999 beziehungsweise Schule des Tarot, Bd.1: Das Rad des Lebens, Freiburg i.Br., 1981:35ff.

[2] André Jean Festugière, La Révélation d`Hermes Trismégiste, Paris, 1949-1954, I:130.

[3] Die Analogie ist eine mystische Methode und Grundvoraussetzung des astrologischen Systems: Das Kreisen der Planeten um die Sonne lässt das Leben in unserem Planetensystem entstehen, das Zusammenwirken der Organe das Leben der Menschen. Organe und Planeten sind analoge Dinge, sie wirken nach denselben Gesetzen, obwohl die Sonne und ihr Analogon im menschlichen Körper, das Herz, verschiedene Gebilde sind (Helmut Gebelein, Alchemie, München, 1991:75).

[4] Ernst Cassirer, Die Begriffsform des mythischen Denkens, 1922; zitiert in Wilhelm Knappich, Geschichte der Astrologie, Frankfurt a.M., 1967:XIII).

[5] Richard Tarnas, Neue Erde, neuer Himmel, in: Mercur 5, 2000, S.21. Richard Tarnas ist Professor für Philosophie und Psychologie am California Institut of Integral Studies in San Franzisko und unterrichtet Astrologie an den Graduate Schools der Universitäten in San Franzisko und Santa Barbara, Kalifornien), um nur ein Beispiel für eine sich wandelnde Einstellung zu nennen.

[6] C.G. Jung, Zur Psychologie westlicher und östlicher Religion, Vorwort zum I Ging, GW 11, Solothurn und Düsseldorf, 1995:606. Die tolerante Einschätzung esoterischer Methodik basiert auf Jungs Wertschätzung der Selbsterkenntnis und seiner Gleichgültigkeit gegenüber den wechselnden Meinungen der Menschen und des akademischen Tagesgeschwätzes: Selbsterkenntnis erscheint nur dummen und minderwertigen Menschen als ein Nachteil. Niemand wird sie in dieser Überzeugung stören. Intelligentere Leute aber dürfen es ruhig riskieren, mit dieser Methode einige vielleicht lehrreiche Erfahrungen zu sammeln (ebd. S. 593 und 601).

[7] Als Wiege der Astrologie gilt heute Babylon. Dort führte eine ausgeprägte Gestirnreligion und die fortlaufende Gestirnbeobachtung zu dem Gedanken, daß die Götter durch die Stellung der Gestirne den Menschen ein Zeichen, ein »Omen«, geben wollten (Peter Niehenke, Astrologie. Eine Einführung , Stuttgart, 1994:16).

[8] Vgl. in diesem Zusammenhang auch die ambivalente Funktion der entsprechenden mythischen Göttinnen: das sind Innana (sumer.), Aschtart-Astarte (ugarit.), Ischtar (babyl.), Isis (ägypt.), Aphrodite (griech.) und Venus (röm). Die christliche Marie beendet diese Reihe der Mutter- und Liebesgöttinnen.

[9] Schmasch (Sonne), Sin (Mond), Ischtar (Venus). Kurt Aram, Magie und Zauberei in der Alten Welt, Wiesbaden, 1993:86-87. In seinen Ausführungen zur Quellenlage der babylonischen Astrologie zitiert Kurt Aram den Griechen Diodor mit folgenden Worten: Über die Gestirne haben sie seit langer Zeit Beobachtungen gemacht, und niemand hat genauer als sie die Bewegungen und Kräfte der einzelnen Sterne erforscht; daher wissen sie auch so vieles von der Zukunft den Leuten vorauszusagen. Am wichtigsten ist ihnen die Untersuchung über die Dolmetscher (ebd. S.85).

[10] Der Besucher der Stätten des alten Ägyptens ist zunächst von der Monumentalität der Pyramiden, Tempel und Obelisken überwältigt. Beim Nähertreten werden am Äußeren der Tempel und in ihrem Inneren an Wänden und Säulen die vielfältigsten Reliefs sichtbar, die meist die ganze Fläche füllen. Erhebt man den Blick bis zur Decke, so ist diese des öfteren mit Sternen und astronomischen Darstellungen zum Sonnen- und Mondlauf bedeckt. Auch die ägyptischen Bilder des nördlichen Sternenhimmels und die Göttergestalten der Planeten in einer Art Prozession hinter Isis und Osiris sind aufzufinden. An Decken von Königsgräbern finden sich ebenfalls entsprechende Bilder. Doch erst in drei der jüngsten Tempel – in Dendera und Esna – treten auch Tierkreiszeichen auf, die den heutigen, aus der griechischen Zeit stammenden entsprechen (Suso Vetter, Das Geburtshoroskop der Welt. Ägyptische Geburtskonstellationen der Welt und die Kulturepochen, Dornach, 1993:27). Für die Bedeutung, welche die Astrologie für die Ägypter hatte, vgl. auch Erik Hornung, Die Nachtfahrt der Sonne. Eine altägyptische Beschreibung des Jenseits, Zürich und München, 1991.

[11] Suso Vetter vermutet, dass Nechepso ein Pseudonym des Pharao Necho II. (610- 595) ist, Petosiris, das Geschenk des Osiris, einer seiner Astrologen. Suso Vetter weist auf eine weitere Identifizierungsmöglichkeit hin: in einem Grabtempel eines Hohenpriesters (um 300 v.Chr.) des Thot wurde ein gewisser Petosiris bestattet; Hermopolis war mit Sicherheit ein wissenschaftliches Zentrum und Ort von Mysterienkulten (Geburtshoroskop, S.12-13). Im Original wurde dieses Werk bisher nicht aufgefunden; Fragmente des Nechepso und Petosiris wurden von Firmicus Maternus, der um 336 n.Chr. ein achtbändiges astrologisches Werk – Mathesis - verfasste, ins Lateinische übersetzt (Matheseos libri VIII, W. Knoll und F. Skutsch (Hg., Leipzig, 1897-1913).

[12] Zitiert nach Firmicus Maternus (vgl. Vetter, Geburtshoroskop, S.13).

[13] Archäologische Grabungen in Mesopotamien haben zahlreiche Keilschrifttafeln mit astrologischen Texten aus der babylonischen Kultur der Nachwelt erhalten können. Diese belegen die jahrhundertlange Beobachtung und Berechnung der rhythmisch-zyklischen Umlaufzeiten der Planeten durch babylonische Sternforscher.

[14] Besonders der Olympier Hermes hat sich nach dem Sieg des Christentums beharrlich behauptet. Den Gestalten Thot und Merkur assimiliert, erfährt er in hellenistischer Zeit eine neue Blüte und überlebt als Hermes Trismegistos bis in das 17. Jahrhundert. Schon die griechischen Philosophen sehen in Hermes den , die Personifikation des L O GO S Denkens. Er gilt als Besitzer aller Erkenntnisse, in erster Linie der geheimen Gnosis. So wird er zum »Herrn aller Zauberer«, der die Mächte der Finsternis besiegt (Mircea Eliade, Schamanen, Götter und Mysterien. Die Welt der alten Griechen, München, 1992:46- 47).

[15] Für die Begründung dieser These vgl. Herbert W. Jardner, Kassandra und der Heilige Geist . Mythologie und Psychologie als Fundament der Astrologie, unveröffentlichtes Manuskript, Minden, 1999.

[16] Nur ganz selten kümmert sich ein babylonischer Astrologe um einen Privatmann, der dann schon eine besonders hervorragende Persönlichkeit sein musste. Ein gewöhnlicher Sterblicher wäre im alten Babel gar nicht auf den Gedanken gekommen, einen Astrologen für sich zu bemühen. Es wäre ihm als Blasphemie erschienen, als eine Herausforderung der Götter, die für ihn übel ausgehen konnte (Kurt Aram, Magie und Zauberei in der Alten Welt, Wiesbaden, 1998:92-93.

[17] Olga von Ungern-Sternberg, Die inner-seelische Erfahrungswelt am Bilde der Astrologie, Suttgart, 1995; Thomas Ring, Astrologische Menschenkunde, Bd. 1 - 4,Freiburg i.Br. 1990 – 1994; Für den Standpunkt Astrologie und Psychoanalyse vgl. Fritz Riemann, Lebenshilfe Astrologie. Gedanken und Erfahrungen, München, 1976. Die Konzeption einer psychologischen Astrologie hat Thomas Ring in den vier Bänden seiner Astrologischen Menschenkunde überzeugend dargelegt.

[18] Große Teile der modernen Naturwissenschaft müssen heute, in ihrer vermeintlichen Omnipotenz, daran erinnert werden, dass in dem Augenblicke, wo [sie] auch nur innerlich unbewusst Dogmatiker sein wollen, [sie ihr] Bewusstsein nicht mehr entwickeln [können] (Rudolf Steiner, Geschichtliche Symptomatologie, GA 185, Dornach, 1962:76).

[19] Reinhard Falter, Apollo, der Überblicker und Künder, Die Götter der antiken Erfahrungsreligion 7, in Novalis 5 / 1996:38.

[20] Falter, Apollo, S.37. Ebenfalls Herbert W. Jardner, Tod, Erneuerung und Wiedergeburt. Pluto in Mythologie und Astrologie, unveröffentlichtes Manuskript, Minden, 1998.

Fortsetzung in Teil Zwei

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